Andrea hiess ich nicht immer. Nach der Geburt bekam ich einen anderen Namen und, aufgrund eindeutiger körperlicher Merkmale, das Geschlecht "männlich" zugeteilt. Dass das nicht stimmt, konnte damals wirklich niemand wissen und ich konnte dazu ja auch noch nichts sagen.
Wie es dazu kam, dass ich das mir zugeteilte Geschlecht hinterfragt habe, beschreibe ich hier.
Da mitlerweile doch einige Zeit vergangen ist, ist ein Einschub angebracht. Die erwähnte Veranstaltung war 2015, aber der Text ist natürlich immer noch aktuell.
Als mir so langsam bewusst wurde, dass es zwei Geschlechter gibt, kam zunächst Verwunderung und Erstaunen auf, was man als Knabe alles machen bzw. bleiben lassen soll.
Die Entwicklung ging weiter. Ich fühlte mich in der Rolle eines Mannes nie richtig wohl und wunderte mich immer mehr, warum die meisten Männer so «anders» sind als ich. Der Prozess ging schleichend weiter und irgendwann war mir klar, dass ich nicht nur kein typischer Mann, sondern eigentlich gar keiner bin – was bin ich denn sonst? Frau? «Was ist eine Frau, was ist ein Mann?» – Ich habe mich mit dieser Frage genau so wenig lang aufgehalten wie mit «Warum ist das so?», «Was ist die Ursache?», «Warum gerade ich?». Ich begann einfach als «ich» – als Trans-Frau – zu leben und hatte nie grossartige Hemmungen mich so zu zeigen wie ich bin - als Frau.
Das überrascht mich im Nachhinein sehr, denn bis zu diesem Zeitpunkt war ich doch sehr gehemmt.
Mein Lebensmotto änderte sich durch diesen Schritt schlagartig von «Ja niemandem zu nahe treten» zu «Ich bin nicht auf der Welt, um zu sein, wie andere mich gerne hätten» und sogar bis zu «Mich zu mögen ist ein Talent das nicht jede(r) besitzt.»
Leider ist unsere Gesellschaft noch meilenweit davon entfernt, uns Transfrauen als Frauen zu akzeptieren - wie oft werde ich mit «er» und «der» bezeichnet, nur weil meine Stimme mein körperliches Geschlecht verrät und mein Körper halt offensichtlich nicht weiblich ist? Kaum jemand ahnt wie weh das jedesmal tut.
Die mangelnde Toleranz ist auch der Grund, dass ich in meiner biologischen «Form» gearbeitet habe und auch heute noch, mitlerweile bin ich Rentnerin, ab und zu aus Bequemlichkeit so auftrete. Das bereitet mir zwar keine grosse Mühe, ist aber nur ein Kompromiss und sicher kein Bedürftnis. Das geht seit Ende 2009 gut und ich hoffe, dass es so bleibt, denn für mich selbst hat der Körper eine untergeordnete Bedeutung. Die vielfältigen Ängste vor massiven Eingriffen in einen doch recht gut funktionierenden Körper halt mich von Hormontherapie und GaOp ab, solange das geht.
Natürlich gibt es auch sehr viel Positives. Es sind mir zwei sehr schöne Sachen widerfahren, weil ich trans* bin: Einerseits habe ich einen grossen Teil meiner früheren Hemmungen verloren und, vielleicht auch dadurch, treffe ich immer wieder auf sehr interessante Menschen.
Wie schon erwähnt sind die ganzen Überlegungen ja ursprünglich durch einen Fragebogen gesteuert. Da war noch die Frage, worauf man stolz sei weil man trans sei.
Ich bin nicht stolz darauf, dass ich trans* bin. Kann man auf etwas stolz sein, das man einfach ist? Nein, ich bin es einfach und es freut mich, dass ich die Schritte geschafft habe, die ich für mein Wohlbefinden brauche.
Was ich speziell mag? Ach so Vieles. Tiere - mich hat noch nie ein Tier enttäuscht, aber auch Technik, Geschwindigkeit, fliegen.
Ich fahre Motorrad, kann Gleitschirm fliegen, aber Militärjets üben eine ganz spezielle Faszination auf mich aus.
Dass dieses Cockpit in dem ich da sitze nie mehr in die Luft gehen wird - es steht im Fliegermuseum Dübendorf - hat den Spass nicht geschmälert.
Und last but not least - was mir zu meinem Glück noch fehlt oder mein schon vorhandenes Glück noch vermehren könnte?
Ganz viele tolerante Leute in meinem Umfeld und die Spitze wäre natürlich DIE eine, die mich trotz meines Körpers als Frau sieht.
Nachtrag:
Ich lasse den letzten Satz so stehen wie er am Anfang da war, auch wenn er nicht mehr stimmt.
Im Herbst 2023 hat mich eine wunderbare Frau gefunden. Eine so tiefe Liebe habe ich noch nie erlebt!
Ich bin nicht besonders esotherisch, aber sage es trotzdem so: Das Universum hat uns zusammengeführt - es musste einfach so sein-
Danke dafür.
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